Kapitel A

Frauen und Männer in Wien

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Kapitel A

Frauen und Männer in Wien

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Resümee

In der Veränderung der soziodemografischen Bevölkerungsstruktur und der Lebens- und Familienformen spiegeln sich die Veränderungen der Gesellschaft wider.

Unterschiedliche Lebenssituationen und Lebensformen von Frauen und Männern

Die Darstellungen der Wiener Bevölkerung nach Alter, Herkunft, Bildung, Erwerbssituation sowie Haushalts- und Familienformen zeigen die Vielfalt der Lebensrealitäten von Frauen und Männern in Wien und verdeutlichen einerseits die Heterogenität innerhalb der Geschlechter und andererseits die persistenten Differenzen zwischen den Geschlechtern:

  • Frauen weisen weiterhin eine höhere Altersstruktur auf als Männer, wobei die Zahl der hochaltrigen Männer in den letzten Jahren zugenommen hat.
  • Der Anteil der Frauen an den Wiener*innen mit ausländischer Herkunft entspricht mit 51% annährend dem Frauenanteil in der Wiener Bevölkerung (52%), wobei Frauen häufiger aus anderen EU oder EFTA-Staaten und insbesondere ost- und südosteuropäischen Ländern stammen, als Männer mit ausländischer Herkunft.
  • Bildungsabschlüsse von Frauen sind diverser als von Männern: Einerseits ist der Anteil Niedrigqualifizierter unter Frauen weiterhin höher als unter Männern: 27% der Frauen weisen maximal einen Pflichtschulabschluss auf, bei den Männern liegt der Anteil bei 24%. Andererseits haben Frauen öfter einen akademischen Abschluss als Männer: Der Anteil der Akademikerinnen liegt bei 27%, jener der Akademiker bei 24%.
  • Aufgrund der höheren Altersstruktur weisen mehr Frauen einen Pflegebedarf auf als Männer, nämlich 6% der Frauen und 3% der Männer. Bei begünstigt behinderten Personen, also Menschen, für die aufgrund gesundheitlicher Einschränkung ein Arbeitsschutz besteht, ist die Zahl der Männer hingegen größer als jene der Frauen, auch da es bei Frauen über 60 Jahren eher zu einem Übertritt in andere Leistungsbezüge kommt.
  • Frauen leben häufiger in Ein-Personen-Haushalten (Frauen: 13%; Männer 11%) und Ein-Eltern-Haushalten (Frauen: 9%, Männer: 3%) sowie in Anstaltshaushalten (hier vor allem in Pensionist*innen-, Heil- und Pflegeanstalten).
  • Bemerkenswert ist der Anstieg der Zahl der Alleinerziehenden beider Geschlechter, die mit ihren erwachsenen Kindern zusammenleben. Da auch die generelle Zunahme der Zahl alleinerziehender Väter vor allem durch den längeren Verbleib der erwachsenen Kinder im Haushalt der Eltern begründet ist, empfiehlt es sich, bei der Analyse gleichstellungspolitischer Ziele, die Situation Alleinerziehender in betreuungsintensiven Lebensphasen der Kinder und das Zusammenleben von alleinerziehenden Eltern mit ihren erwachsenen Kindern, getrennt zu behandeln.

Die sozioökonomischen Merkmale verweisen auf unterschiedliche Lebensbedingungen und -chancen von Frauen und Männern

Die verschiedenen Lebenssituationen von Frauen und Männern verweisen auf unterschiedliche Chancen hinsichtlich Beschäftigung, Einkommen und Gesundheit und unterschiedliche Lebensbedingungen im Bereich Wohnen und soziale Teilhabe.

Der Anteil der Erwerbstätigen, die in Wien wohnen oder nach Wien einpendeln, ist bei Frauen mit 61% geringer als bei Männern (66%). Noch geringer ist der Frauenanteil unter den Auspendler*innen. Die ungleiche Struktur der Erwerbstätigen und der Wohnbevölkerung verweist aber ebenso darauf, dass der Zugang zu Erwerbstätigkeit nach sozioökonomischen Merkmalen unterschiedlich verteilt ist: Eine geringere Erwerbsbeteiligung weisen vor allem ältere Frauen, Frauen mit türkischer Herkunft und Frauen mit niedriger oder mittlerer Ausbildung auf. Es ist zu vermuten, dass Frauen türkischer Herkunft, unter Berücksichtigung des Bildungsstatus und der Kinderzahl, de facto keine geringere Erwerbsbeteiligung aufweisen als Frauen österreichischer Herkunft.

Geschlecht ist eine übergeordnete Strukturkategorie, die entscheidenden Einfluss darauf hat, wie sich Alter, Herkunft, unterschiedliche Familienkonstellationen oder Bildung auf soziale, politische oder ökonomische Teilhabe, wie Finanz-, Zeit- und Raumressourcen oder auf gesellschaftliche Anerkennung auswirken. Wie stark sozioökonomische Merkmale Gleichstellungsziele beeinflussen, wird in weiteren Themen des Gleichstellungsmonitors genauer behandelt. Bereits die weiter sinkende Zahl Wahlberechtigter zeigt jedoch, wie wichtig es ist, geschlechtsspezifische Ungleichheiten im Kontext zusätzlicher Faktoren zu interpretieren.

Frauen als statistische Mehrheit, stellen eine politische Minderheit dar

In Wien stellen Frauen mit 51% mehr als die Hälfte der Bevölkerung, wodurch sie die statistische Mehrheit der Wohnbevölkerung bilden; das Geschlechterverhältnis unterscheidet sich aber wesentlich in verschiedenen Subgruppen. Die leichte Überzahl an Buben in den Kinderjahren gleicht sich im Erwerbsalter aus und wandelt sich zu einem Frauenüberschuss in der älteren Bevölkerung (ab 60+). Frauen stellen, trotz abnehmender Zahl, auch 2020 eine Mehrheit unter Personen mit maximal Pflichtschulabschluss und unter Pflegegeldbezieher*innen. Männer sind hingegen bei Erwerbstätigen, Pendler*innen sowie bei begünstigt behinderten Menschen in der Überzahl. Zudem weisen sie eher Lehrabschlüsse auf, während Frauen häufiger schulische und akademische Abschlüsse haben. Die frauendominierten und männerdominierten Subgruppen nehmen in unterschiedlicher Weise politischen Einfluss, sind aber auch in verschiedener Weise von sozial-, gesundheits- und familienpolitischen Regelungen betroffen.

Vor allem im Pensionsalter dominieren Frauen, wobei deren Interessen bei den Reformkonzepten für die Pensionen oftmals nicht das Gewicht zukommt, das ihnen qua Repräsentation zukommen sollte: Frauenpensionen sind weiterhin geringer als die Pensionen der Männer, da Pensionsbestimmungen an der männlichen Norm von durchgehender Vollzeiterwerbstätigkeit ausgerichtet sind. Diskontinuierliche Berufsverläufe und Teilzeitbeschäftigung, die für Frauen typisch sind, können kaum eine ausreichende Alterssicherung gewährleisten. Auch die Pflegevorsorge von Älteren ist an typisch männlichen Mustern orientiert. Sie baut ganz wesentlich auf die Pflege durch nicht erwerbstätige Verwandte – meist die Partnerin oder Töchter – auf, die sich zeitintensiv und längerfristig um pflegebedürftige Ältere kümmern können.

Ein höheres Pensionsantrittsalter von Frauen, wie es oft zur Diskussion steht, müsste in Rechnung stellen, dass ein längerer Verbleib im Erwerbsleben auch gesundheitlich möglich sein muss. Die Zahlen zeigen, dass die längere Erwerbstätigkeit von Frauen auch einen Anstieg des Frauenanteils unter begünstigt Behinderten im Alterssegment ab 60 Jahren mit sich bringt.