Kapitel L

Gesundheit

Titelbild Kapitel

Kapitel L

Gesundheit

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Resümee

Warum ein eigenes Kapitel zu Gesundheit in einem Gleichstellungsmonitor? Ist doch die Lebenserwartung von Frauen höher, sind Frauen Gesundheitsaffiner, nehmen in jungen Jahren regelmäßiger Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch und pflegen einen gesünderen Lebensstil? Frauen werden in Österreich und auch in Wien älter als Männer, verbringen aber weniger Lebensjahre in (sehr) guter Gesundheit als Männer. Dies ist vielerlei Faktoren geschuldet, im Kern geht es um die sogenannten Gesundheitsdeterminanten, die die Gesundheit von Frauen und Männern beeinflussen und auf unterschiedlichen Ebenen wirken: Es sind dies biologische Faktoren, individuelle Lebensstile, Lebens- und Arbeitsbedingungen, soziale Netzwerke und die Unterstützung und der Einfluss durch das soziale Umfeld sowie die allgemeinen sozioökonomischen, kulturellen und ökologischen Bedingungen in einer Gesellschaft. Frauen und Männer leben in unterschiedlichen Lebensrealitäten, auch da aus dem biologischen Geschlecht Rollenbilder und -zuschreibungen abgeleitet werden, die das soziale Geschlecht (Gender) definieren. Ausgehend vom Determinantenmodell spielt vor allem das soziale Geschlecht eine bedeutende Rolle, es beeinflusst neben anderen Faktoren wie soziale Herkunft, Einkommen oder Bildungsstatus ganz wesentlich die Gesundheit von Frauen. Geschlechtsspezifische Stereotype wirken sich bereits in jungen Jahren auf die Gesundheit und das Wohlbefinden aus und wirken über die gesamte Lebensspanne. Besonders sichtbar wird das zum Beispiel an der Care-Arbeit, die zu einem wesentlich größeren Teil von Frauen geleistet wird – bezahlt und unbezahlt – und auch den Mental Load, das „Kümmern“ um die Familie, umfasst.

Der Gesundheitsstatus der weiblichen Bevölkerung spiegelt daher auch die Gleichstellungspolitik einer Gesellschaft wider und vice versa muss Frauengesundheit neben dem Gesundheitssektor im Sinne eines Health in all Policies Ansatzes in allen Politikfeldern ansetzen.

Frauen und Männer unterscheiden sich biologisch, sie können von Krankheiten unterschiedlich betroffen sein, Krankheiten können unterschiedlich entstehen und Symptomatiken unterschiedlich sein. Die Gendermedizin, die mittlerweile Einzug in die Medizinforschung und -lehre gefunden hat, greift dies auf und befasst sich mit dem Einfluss von Sex und Gender auf Gesundheit und Krankheit und versucht, für beide Geschlechter die besten medizinischen Lösungen zu finden. Sie weist auch unablässig darauf hin, dass innerhalb der Medizin das Verständnis für den Einfluss von „Gender“ zunehmen muss, Frauen in ihrem Lebenskontext gesehen werden müssen und eine Konzentration auf rein biologische Unterschiede (sex) nicht ausreicht.

Zentral für die Gesundheit von Frauen ist Frauengesundheitskompetenz:  Es braucht auf gesellschaftlicher Ebene ein Verständnis dafür, wie Gesundheit (von Frauen) entsteht, was auf struktureller und gesellschaftlicher Ebene die Gesundheit schwächt oder stärkt, und daraus abgeleitet Maßnahmen und Veränderungen in den unterschiedlichsten Bereichen. Organisationen wie Betriebe, Kindergärten, Schulen oder Krankenhäuser brauchen Frauengesundheitskompetenz, um genderspezifisch gesundheitsförderlich agieren zu können. Frauen brauchen Gesundheitskompetenz im engeren Sinne, das heißt das Wissen, die Motivation und die Fähigkeit, gesundheitsbezogene Informationen zu finden, zu verstehen, zu bewerten und anzuwenden, um die für sich richtigen Entscheidungen treffen zu können, wenn es um ihren Körper und ihre Gesundheit geht. Dies wiederum ist neben der individuellen Verantwortung der Frauen auch Aufgabe des Gesundheitssystems, das Strategien bereitstellen muss, um der Komplexität von Frauen (und Männern) gerecht zu werden.