Gleichstellungsziele
Reduktion der Frauenarmut
Da in gängigen Konzepten zur Messung von Armutsgefährdung die Situation des Haushalts betrachtet wird, sind Unterschiede zwischen den Geschlechtern nur sehr eingeschränkt ersichtlich. Geschlechtsspezifische Unterschiede können nur für allein lebende Frauen und Männer ausgewiesen werden. Von allein lebenden Personen ohne Pension sind 2019 [Anm. 1] in Wien 25% der Frauen und 26% der Männer armutsgefährdet, d.h., ihnen stehen weniger als 60% des Medianeinkommens zur Verfügung [Anm. 2]. Die Armutsgefährdung von allein lebenden Personen ist dabei höher als in der Wiener Gesamtbevölkerung: 2019 leben 21% der Wienerinnen und Wiener in Haushalten, die als armutsgefährdet gelten.
Besonders auffällig ist die Armutsbetroffenheit unterschiedlicher Haushaltskonstellationen: Unter Ein-Eltern-Haushalten, bei denen es sich großteils um Frauen mit Kind/Kindern handelt (siehe Indikator A7 Haushalte und Lebensformen), sind 39% armutsgefährdet. Zudem zeigt sich eine auffällig hohe Armutsgefährdung von 40% bei Haushalten mit drei und mehr Kindern. Familien mit einem oder zwei Kindern weisen dagegen, ebenso wie Mehrpersonenhaushalte ohne Kinder, eine unterdurchschnittliche Armutsgefährdung auf.
Geschlechtsspezifische Unterschiede zeigen sich zudem, wenn nach dem Geschlecht der hauptverdienenden Person, d.h., jener Person, die den höchsten Anteil zum Haushaltseinkommen beiträgt, differenziert wird: In 40% der Wiener Haushalte erbringt eine Frau den größten oder alleinigen Anteil zum Haushaltseinkommen. 31% davon sind alleinlebende Frauen, rund 30% leben in kinderlosen Haushalten mit ihrem Partner/ihrer Partnerin und rund 5% sind Alleinerzieherinnen.
27% der Personen in Haushalten mit einer Hauptverdienerin sind armutsgefährdet, der Anteil von Personen in Haushalten mit einem Hauptverdiener, die armutsgefährdet sind, liegt mit 17% deutlich darunter.
Aus dem Vergleich der aktuellen mit früheren Daten lassen sich kaum Entwicklungstrends ablesen. Der Gesamtanteil der Wiener Haushalte, die armutsgefährdet sind, ist von 22% in den Jahren 2011/12 zunächst auf 19% im Jahr 2015 gesunken und 2019 wieder auf 21% gestiegen. Die Anteile der armutsgefährdeten alleinlebenden Frauen und Männer sind recht konstant, jedoch gibt es geringfügige Unterschiede in der Frage, welches Geschlecht stärker betroffen ist: 2011/12: jeweils 26%, 2015: Frauen 27%, Männer 25%, 2019: Frauen 25%, Männer 26%. Auffällig ist die Veränderung bei Haushalten mit einer Hauptverdienerin: Während die Armutsgefährdung von 27% im Jahr 2011/12 im Vergleich zu 2015 auf 21% deutlich gesunken ist, liegt sie 2019 wieder bei 27% (bei Haushalten mit einem Hauptverdiener liegt sie konstanter zwischen 17 und 19%). Die geschlechtsspezifische besondere Betroffenheit von Haushalten mit einer Frau als Hauptverdienerin bleibt jedoch über die Jahre bestehen, ebenso wie die auffällig hohe Armutsgefährdung von Ein-Eltern-Haushalten: 2011/12: 44%, 2015: 34%, 2019: 39%.
Migrations-Fokus 2016
Die Befragung von Frauen im Rahmen des Frauenbarometers 2015 verweist auf einen unterschiedlichen Grad der Armutsgefährdung nach Migrationsgrund. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das äquivalisierte Nettohaushaltseinkommen aufgrund des Befragungskonzepts von den Befragten überschätzt wurde (siehe Zandonella, Larcher 2015, S. 76). Gemäß den Ergebnissen dieser Befragung gelten 29% der Wienerinnen als armutsgefährdet. Während 26% der Wienerinnen ohne Migrationshintergrund und 27% der Wienerinnen mit Migrationshintergrund EU armutsgefährdet sind, liegt der Anteil bei Wienerinnen mit Migrationshintergrund Drittstaat bei 38%. Die hohe Armutsgefährdung von Wienerinnen mit Migrationshintergrund Drittstaat trifft österreichische und ausländische Staatsbürgerinnen gleichermaßen, besteht also unabhängig von ihrer Staatsbürger*innenschaft. Ein höheres Risiko für Armutsgefährdung weisen die erste Zuwanderinnengeneration und Frauen mit befristetem Aufenthaltsstatus auf (Zandonella, Larcher 2015). Sie sind auch deshalb stärker armutsgefährdet, weil zahlreiche Risikofaktoren stärker auf sie zutreffen: Sie verfügen über geringere formale Bildungsabschlüsse (siehe Indikator C7 Niedrig qualifizierte Frauen) und weisen eine geringere Erwerbsbeteiligung auf (siehe Indikator D6 Erwerbsbeteiligung).
Corona-Fokus 2021
In Folge der Corona-Pandemie wurde die Bevölkerung vor zahlreiche Herausforderungen gestellt. In der Follow-Up Befragung zur psychosozialen Situation der Wiener*innen wurde der Bedarf nach Hilfe erhoben. In welchem Ausmaß ein Bedarf an Hilfe und Unterstützung in unterschiedlichen Bereichen besteht, unterscheidet sich nach armutgefährdeten und nicht-armutsgefährdeten Personen. Der Bereich "Finanzielles" stellt zwar sowohl für armutsgefährdete als auch nicht-armutsgefährdete Frauen und Männer den größten Unterstützungsbedarf dar, jedoch für mehr als doppelt so viele armutsgefährdete Personen einen großen oder eher großen Bedarf. Die Bereiche "psychische Gesundheit", "Angehörige und soziale Beziehungen" und "Rechtliches" führen bei armutsgefährdeten Frauen im Vergleich zu Männern zu einem größeren Unterstützungsbedarf. Wohingegen "körperliche Gesundheit", "Arbeit und Ausbildung" und "Wohnen" Männer mehr beschäftigt.
Familien mit Bezug von Familienbeihilfe, die aufgrund der Corona-Pandemie Einkommensverluste erlitten bzw. sich in einer finanziellen Notsituation wiederfanden, konnten einen Antrag auf Unterstützung durch den Corona-Familienhärtefonds stellen. Diese Unterstützungsleistung war insbesondere für Familien vorgesehen, bei denen mindestens ein Elternteil aufgrund der Corona-Krise seinen Arbeitsplatz verloren hat oder in Corona-Kurzarbeit ist bzw. für Bezieher*innen des Härtefallfonds (siehe Indikatoren D6.4 Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit während der Corona-Pandemie, D6.5 Kurzarbeit während der Corona-Pandemie und H9.2 Frauenanteil an der Kurzarbeitsförderung während der Corona-Pandemie). Im Rahmen des Corona-Familienhärtefonds wurden in Wien 24.257 Anträge von 38.157 eingebrachten Anträgen positiv entschieden. Österreichweit wurden von 142.173 Anträge 101.306 positiv entschieden. Die durchschnittliche Zuwendungshöhe beträgt in etwa 1.300 Euro.